Auf Bewegung programmiert

„Bewegungsverführer" können helfen, mehr Bewegung in den Alltag zu bringen

von Dr. Dieter Breithecker
Foto: Monkey Business/AdobeStock

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Um die gesundheitlichen Vorteile einer aktiven Lebensführung wissen wir schon lange. Der menschliche Körper ist für ein Leben mit Bewegung programmiert, jede Zelle ist darauf angewiesen. Leben ist also Bewegung. Entscheidend dabei ist, Bewegung in den Alltag zu integrieren.

Schon der berühmteste Arzt des Altertums, Hippokrates (460–370 vor Christus), hat den Zusammenhang von Bewegung, Aktivität und Gesundheit erkannt: „Alle Teile des Körpers, die zu einer Funktion bestimmt sind, bleiben gesund, wachsen und haben ein gutes Alter, wenn sie mit Maß gebraucht werden und in den Arbeiten, an die jeder Teil gewohnt ist, geübt werden. Wenn man sie aber nicht braucht, neigen sie eher zu Krankheiten, nehmen nicht zu und altern vorzeitig.” Der Mensch ist genetisch auf körperliche Aktivität gepolt, ohne Bewegung können sich Skelett, Muskulatur und Organe nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen – der Körper degeneriert.

Sitzphasen regelmäßig unterbrechen

Wenn wir unser Bewegungsverhalten reflektieren, ist es wichtig zu verstehen, dass lange Sitzphasen durch Bewegung danach nicht ausreichend kompensiert werden können. Es kommt vielmehr darauf an, regelmäßige Bewegung in das Alltagsverhalten zu integrieren. Nur so bleiben die komplexen körperlich-geistigen und emotionalen Wechselwirkungen in einer physiologischen Balance. Stanford-Forscher fanden heraus, dass sich dadurch die kreative Leistung einer Person um durchschnittlich 60 Prozent erhöht. Es ist hilfreich, sich das bewusst zu machen und immer wieder nach neuen Möglichkeiten Ausschau zu halten, den Alltag mit Bewegung anzureichern. „Bewegungsverführer” können dabei Anreize schaffen.

Bewegungsanreize erkennen und annehmen

Bei „Bewegungsverführern“ handelt es sich um organisierte sowie natürliche Bewegungsanreize im Umfeld eines Menschen, die ihn spontan in Bewegung bringen. Sie besitzen einen sogenannten „non-verbalen“ Aufforderungscharakter und wirken insbesondere auf Menschen, die eine intrinsisch vorhandene Bewegungsaffinität besitzen. Bewegungsverführer haben bewegenden Charakter, da sie nicht nur körperliche, sondern auch kognitiv-emotionale Reaktionen auslösen. Sie sind somit die „Tankstellen“ für unser ganzheitliches Wohlbefinden.

Kinder beispielsweise haben – entwicklungsbedingt – eine sehr hohe Bewegungsaffinität und lassen sich somit immer spontan „verführen“. Sicherlich hat jede und jeder von uns Kinderheitserinnerungen daran, wie wir lustvoll in Pfützen sprangen und auf Mauern balancierten.

Durch Bewegungsverführer ausgelöste Bewegungshandlungen verfolgen per se kein unmittelbares physiologisches Ziel. Bewegungshandlungen entstehen einfach – sie wirken und bewirken.

Beispiele für „natürliche” Bewegungsverführer

  • ein Musiktitel, ein Ohrwurm, der unaufgeforderte rhythmische Bewegungen entstehen lässt
  • ein am Boden liegender Baumstamm, der zu dem überschaubaren Wagnis des Darüberspringens oder -steigens auffordert
  • die natürliche Treppe, beispielsweise Steinblöcke, die genommen werden möchte
  • der Wald zum Schlendern, der zusätzlich stimmungsaufhellende Effekte hat und das Immunsystem stärkt
  • der Hund, der bei Wind, Regen und Sonne regelmäßig Gassi gehen muss

Sind keine natürlichen Bewegungsreize in unserem unmittelbaren Umfeld vorhanden, wie das in der Regel im Büro oder Homeoffice der Fall ist, dann sollten wir für unser ganzheitliches Wohlbefinden diverse Bewegungsverführer organisieren.

Beispiele für „organisierte" Bewegungsverführer

  • Aktivstühle/Aktivhocker – Sitzobjekte mit mehrdimensional beweglicher Sitzfläche, die zu einem Sitzen in Bewegung animieren
  • Stehpulte und Pinnwände, die Meetings agiler werden lassen
  • mobile Telefone, die ein Umhergehen oder Wippen auf einem Indoor-Minitrampolin ermöglichen
  • Stuhl-Tisch-Kombinationen, die vielfältige und bedarfsgerechte Haltungswechsel entstehen lassen
  • ein im Türrahmen angebrachter „Expander“, der spontane Zugbewegungen einfordert
  • ein Balanceboard oder ähnliche instabile Untergründe, welche beim Telefonieren oder während des Zähneputzens den Erhalt des Gleichgewichts erfordern
  • ein am Boden platzierter Locher, der uns in die Hocke bringt
  • ein entfernt stehender Papierkorb oder Drucker, der Wege entstehen lässt

Dies ist nur eine kleine Auswahl. Mit Sicherheit fallen Ihnen noch viele andere Bewegungsverführer ein, die sich in Ihrem Alltag als „Tankstellen“ verstecken. Sogar der Staubsauger oder das kleine Gartenbeet können zur Bewegung verführen. Aber wie das mit unserer selektiven Wahrnehmung nun mal so ist, nehmen wir nur die Reize achtsam wahr, für die unsere Sensorik auf „Stand-by“ steht. Das Gute ist – die Wahrnehmung von Bewegungsverführern lässt sich schulen.

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