Warum tut der Wald gut?

Der Aufenthalt im Grünen ist nachweislich gesundheitsfördernd

Foto: sergnester/Adobe Stock

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Die meisten von uns merken es selbst an der eigenen Stimmung: Nach einem Spaziergang oder Aufenthalt im Wald fühlen wir uns entspannter. Aber warum ist das so? Dass die Entspannung sogar körperlich messbar und somit nachweisbar ist, wissen nur die wenigsten. Erfahren Sie hier, wie der Wald sich positiv auf Wohlbefinden, Gesundheit und Immunsystem auswirkt.

Evolutionär betrachtet hat der Wald dem Menschen immer Schutz, Nahrung und Wasser geboten. Die Zeit, seitdem der Mensch in Städten lebt, ist viel zu kurz, als dass sich die Systeme des Menschen schon daran hätten anpassen können: während laute und schnelle Reize im Stadtleben Stressoren für den Menschen darstellen, wirkt ein natürliches Umfeld entspannend auf die Gehirnstrukturen (Wilson, 1984). In aktuellen Studien konnte diese Entspannung anhand wissenschaftlich validierter Parameter bestätigt werden (Bowler et al., 2010; Coranzon et al., 2019). Wer ins Grüne schaut oder besser noch ins Grüne geht, senkt nachweislich seinen Stresspegel, verbessert seine Stimmung und leidet auch weniger unter depressiven Symptomen (Yang et al., 2021). Außerdem werden mit einem Waldaufenthalt eine erhöhte Aufmerksamkeit, mehr positive Emotionen sowie ein allgemein erhöhtes Wohlbefinden verbunden (Lee et al., 2011). Personen, die in ländlicheren Umgebungen wohnen, leben im Durchschnitt länger und haben ein geringeres Diabetes- und Schlaganfallrisiko als Personen, die in der Stadt leben. Außerdem wirken sich Grünflächen positiv auf die geistige Leistungsfähigkeit aus.

Mehr Bewegung und weniger Stress

Doch warum wirkt der Wald nun so positiv auf den Menschen? Hierzu gibt es verschiedene Theorien und Ansätze. Neben der Biophilie-Theorie von Wilson (s. o.) ist es offensichtlich, dass Wälder und Grünflächen zu mehr Bewegung einladen, was besonders in unserer westlichen, meist sitzenden Gesellschaft immer gesundheitsförderlich ist. Außerdem herrschen im Wald weniger Luftverschmutzung und weniger Lärm. In der Stressreduktions- & Aufmerksamkeits-Verbesserungstheorie wird ebenfalls berichtet, dass Naturräume u. a. zur Stressminderung beitragen. Die Botenstoffe der Bäume (sog. Phytonzide) spielen hierbei eine wichtige Rolle zur entspannungsfördernden Wirkung des Waldes: Allein durch die Einatmung der Botenstoffe kommt es zu einer körperlich messbaren sowie subjektiv empfundenen Entspannung (Arvay et al., 2016).

Bäume sorgen für schnelle Erholung

In einer Studie von Lee et al. (2009) konnte herausgefunden werden, dass bereits die Betrachtung der Natur (im Gegensatz zur Stadt) zu einem niedrigeren Puls, vermindertem Blutdruck sowie geringeren Cortisolwerten führt – ausschlaggebend für Stressreduzierung und Entspannung. Die Aussicht auf Bäume kann nach einer OP sogar zu einer besseren Erholung beitragen. In einer Studie hatten Patient*innen, die Aussicht auf Bäume hatten, einen besseren Post-Operations-Verlauf, benötigten weniger Schmerzmittel und hatten einen kürzeren Krankenhausaufenthalt als Patient*innen, die aus Ihrem Fenster auf eine Wand schauen mussten (Ulrich 1984).

Positiven Einfluss auf das Immunsystem

Der Wald dient auch als wichtige Ressource zur Krankheitsprävention (Oh et al., 2017). Neben der Entspannung, die in Zeiten von Burnout und weiteren Stresserkrankungen gesundheitsförderlich ist, zeigt ein Waldaufenthalt auch einen positiven Einfluss auf das Immunsystem: Besonders beim Waldbaden (Genießen der Waldluft, Achtsamkeitsübungen im Wald etc.) konnte eine Verbesserung der Immunfunktion beobachtet werden. Neben der Erhöhung der natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) verbessern sich auch die Herz-Kreislauf-Funktion sowie antientzündliche und antioxidantische Prozesse im Körper. Außerdem zeigt insgesamt der Parasympathikus, welcher für Ruhe und Entspannung steht, beim Waldbaden mehr Aktivität als beispielsweise in der Stadt.

Zum Schluss lässt sich festhalten, dass bereits ein regelmäßiger Aufenthalt (1x pro Woche) von mindestens 30 Minuten im Wald Bluthochdruck und Depressionen entgegenwirken kann. Insgesamt zwei Stunden Aufenthalt im Wald pro Woche tragen zu einer allgemein verbesserten Gesundheit und einem erhöhten Wohlbefinden bei (Yang et al., 2021).

Kommentar von Dr. Dieter Breithecker

„Die Natur, der Wald tut uns gut. Mensch und Natur sind eine untrennbare Einheit. Doch was bisher für viele ein subjektives Gefühl war, belegt immer mehr die Wissenschaft. Shinrin-yoku, das Baden im Wald oder das Einatmen der Waldatmosphäre wird in Japan schon seit 1982 beworben. Heute ist es in Japan eine offiziell anerkannte Methode zur Vorbeugung von Krankheiten sowie zu deren unterstützender Behandlung. Shinrin-yoku wird vom staatlichen Gesundheitssystem gefördert und an Japans medizinischen Universitäten (Forest Medicine) und Kliniken erforscht und durchgeführt. Empfehlenswerte Buchlektüre hierzu: Der Biophilia Effekt. Heilung aus dem Wald von Clemens G. Arvay.“

Dr. Dieter BreitheckerDr. Dieter Breithecker ist promovierter Sportwissenschaftler und Projektleiter für „Das bewegende Büro“. Primäres Anliegen der Initiative ist es, die menschlichen Lebensräume bewegungsfreundlicher zu gestalten, um damit positive Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit zu erzielen. Breithecker ist Autor und Mitautor zahlreicher Veröffentlichungen und national wie international als Referent tätig. er ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von mendo:movo.

Literatur:

  • Arvay, C. G. (2016). Der Heilungscode der Natur: Die verborgenen Kräfte von Pflanzen und Tieren entdecken. Riemann Verlag.
  • Bowler, D. E., Buyung-Ali, L. M., Knight, T. M., & Pullin, A. S. (2010). A systematic review of evidence for the added benefits to health of exposure to natural environments. BMC Public Health, 10(1), 456. https://doi.org/10.1186/1471-2458-10-456.
  • Corazon, S. S., Sidenius, U., Poulsen, D. V., Gramkow, M. C., & Stigsdotter, U. K. (2019). PsychoPhysiological Stress Recovery in Outdoor Nature-Based Interventions: A Systematic Review of the Past Eight Years of Research. International Journal of Environmental Research and Public Health, 16(10), 1711. https://doi.org/10.3390/ijerph16101711.
  • Lee, J., Park, B.-J., Tsunetsugu, Y., Kagawa, T., & Miyazaki, Y. (2009). Restorative effects of viewing real forest landscapes, based on a comparison with urban landscapes. Scandinavian Journal of Forest Research, 24(3), 227–234. https://doi.org/10.1080/02827580902903341.
  • Lee, J., Park, B.-J., Tsunetsugu, Y., Ohira, T., Kagawa, T., & Miyazaki, Y. (2011). Effect of forest bathing on physiological and psychological responses in young Japanese male subjects. Public Health, 125(2), 93–100. https://doi.org/10.1016/j.puhe.2010.09.005.
  • Oh, B., Lee, K. J., Zaslawski, C., Yeung, A., Rosenthal, D., Larkey, L., & Back, M. (2017). Health and well-being benefits of spending time in forests: Systematic review. Environmental health and preventive medicine, 22(1), 1-11.
  • Ulrich, R. (1984). View through a window may influence recovery from surgery. Science, 224(4647), 420–421. https://doi.org/10.1126/science.6143402 Yang, B. Y., Zhao, T., Hu, L. X., Browning, M. H., Heinrich, J., Dharmage, S. C., ... & Dong, G. H. (2021). Greenspace and human health: An umbrella review. The Innovation, 2(4), 100164.
  • Wilson, E. O. (1984). Biophilia. Harvard University Press.
  • Yang, B. Y., Zhao, T., Hu, L. X., Browning, M. H., Heinrich, J., Dharmage, S. C., ... & Dong, G. H. (2021). Greenspace and human health: An umbrella review. The Innovation, 2(4), 100164.

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