Das Gehirn „sitzt“ mit

Bekommt das Gehirn durch zu langes Sitzen kaum Bewegungsreize, fährt es herunter

Bewegung hilft, auch geistig beweglich zu bleiben - Bild: Tierney/AdobeStock

Bewegung hilft, auch geistig beweglich zu bleiben - Bild: Tierney/AdobeStock

Sitzen ist heutzutage für die meisten von uns eine alltägliche, in der Regel stundenlange Körperhaltung. Es ist jedoch nicht nur eine Haltung des Körpers, sondern auch eine „Haltung” beziehungsweise Konstellation unseres Gehirns. Denn wenn wir sitzen, sitzt im übertragenen Sinne auch unser Gehirn.

Um diesen Zusammenhang zu verstehen, müssen wir uns vor Augen führen, dass unser gesamtes Bewegungssystem – und hier vor allem die rund 650 Muskeln – von unserem Gehirn gesteuert werden. Muskeln und Faszien werden kontinuierlich mit Nervenimpulsen und den erforderlichen Nährstoffen versorgt, damit sie die nötige Grundspannung bekommen, um den Körper in jeder Haltung zu stabilisieren.

Durch den unerlässlichen Informationsfluss vom Gehirn zur Muskulatur und von dort über unzählige unterschiedliche Rezeptoren zurück zum Gehirn werden im Millisekunden-Takt und mit Geschwindigkeiten bis zu 100 Metern pro Sekunde alle Bewegungen gesteuert und „gemanagt”, die wir im Laufe eines Tages machen.

Das Gehirn benötigt Bewegungsreize

Die Bereiche des Gehirns

Jeder Gehirnbereich hat spezifische Funktionen. Damit diese bewältigt werden können, benötigt das Gehirn unablässig Informationen.
Bild: Haider Bioswing

Unser Gehirn ist also die übergeordnete Instanz, ohne die wir uns nicht bewegen könnten. Damit unser Gehirn jedoch solch komplexe Aufgaben bewältigen kann, benötigt es unablässig Informationen. Es muss wissen, wo wir uns im Raum bewegen, wo sich unser (Bewegungs-)Ziel befindet und in welchem Zustand die Muskeln sind, die für das Erreichen des Ziels notwendig sind.

Von Natur aus sind wir auf Bewegung ausgelegt – zu laufen, zu rennen, zu springen, zu fallen und wieder aufzustehen. Wenn wir kleine Kinder beobachten, können wir erleben, wie sie spielerisch die ihnen angebotenen Bewegungs- und Sinnesreize verarbeiten. Im Laufe unserer Sozialisation geht dieses intuitive Verhalten allmählich verloren.

Unser „Steuerungscomputer” im Kopf bekommt dadurch immer weniger (Bewegungs-)Reize von außen, seine Aktivität nimmt ab.

Tun die Muskeln nichts, tut auch das Gehirn nichts

Vor allem durch langes Sitzen werden die für Sensomotorik zuständigen Areale des Gehirns mit Informationen unterversorgt. In der Folge arbeiten sie weniger effizient und präzise. Der komplexe menschliche Bewegungsapparat befindet sich in einer meist für die Bildschirmarbeit notwendigen Körperhaltung – und das Gehirn wird auf die Aufgabe, diese Haltung zu steuern, reduziert. 

Der Vorteil, dadurch die volle Konzentration auf kognitive Aufgaben zu richten, wird durch den Nachteil zunichte gemacht, das Bewegungssystem mit den sensomotorischen Arealen des Gehirns zu vernachlässigen.

Unser Gehirn sitzt eben mit. Tun die Muskeln nichts, tut das Gehirn nichts. Bekommt das Gehirn keine motorischen Ziele, bekommen die Muskeln keine Bewegungsaufgaben. Das System fährt herunter. Geschieht dies chronisch, fährt das System auch nicht mehr so schnell hoch, und wir werden tatsächlich zu einem „Homo sedens”.

Kinder springen im Gras

Kinder lassen ihrem natürlichen Bewegungsdrang freien Lauf. Foto: drubig-photo/AdobeStock

Dynamisches Sitzen fördert den sensomotorischen Datenfluss

Auch im Sitzen sollte der sensomotorische Datenfluss aufrechterhalten werden.

Dynamische Sitzsysteme erhalten den sensomotorischen Datenfluss aufrecht.
Foto: Haider Bioswing

Das Problem ist auf der einen Seite das Sitzen per se, was wir allerdings im digitalen Zeitalter nur bedingt verhindern können. Rund 18 Millionen Menschen haben eine Bürotätigkeit, die in den meisten Fällen im Sitzen stattfindet.

Nun ist aber Sitzen nicht gleich Sitzen: Es gibt hohes und tiefes Sitzen, ruhiges und unruhiges Sitzen, gebücktes und aufrechtes Sitzen sowie starres und dynamisches Sitzen. Gerade Letzteres ist sehr interessant und in der Ergonomie Gegenstand innovativer Entwicklungen und Sitzkonzepte.

Eines der interessantesten Sitzkonzepte im Büromöbelsektor ist das Bioswing-Konzept. Diesem liegt das Prinzip zugrunde, trotz Sitzen und konzentriertem Arbeiten möglichst viel gezielte Bewegung zuzulassen. Wie kann dieser Spagat gelingen?

Die eingesetzte Technologie unter der Sitzfläche des Stuhls entkoppelt die starre Verbindung zwischen Sitzendem und starrem Boden. Das bedeutet, dass sich das Becken permanent bewegen kann, das heißt, es kann horizontal in alle Richtungen schwingen und ist nicht starr gefangen wie auf einem klassischen Stuhl – egal ob dessen Sitzfläche fest, geneigt oder kippbar ist.

Bioswing-System hat eigene Therapiemethode begründet

Dieses System ermöglicht es dem Nutzer, trotz konzentriert sitzender Tätigkeit, sein Gehirn mit viel mehr notwendigen Informationen zu versorgen, als das normalerweise sitzend der Fall wäre. Und die Bewegungsimpulse sind so dosiert, dass sogar die kognitiven Leistungen verbessert werden, wie Studien belegen konnten.

Auch in der Therapie findet dieses Konzept Anwendung: Das „Bioswing Posturomed“ hat als sensomotorisches Therapie-, Präventions- und Befunderhebungsgerät die Grundausstattung von Rehaeinrichtungen nachhaltig beeinflusst und sogar eine eigenständige Therapie-Methode hervorgebracht: die „Posturale Schmerztherapie“.

Mehr als 50.000 Therapeuten in Rehazentren, Kliniken und Physiotherapiepraxen nutzen diese Technologie jeden Tag. Und der hohe Verbreitungsgrad hat die Therapieprozesse in den Bereichen neuro-orthopädische Rehabilitation und sensomotorische Schmerztherapie in den letzten Jahren nachhaltig erweitert und optimiert.

Dieser Artikel wurde am 10.05.2022 aktualisiert (Erstveröffentlichung: 06.04.2022).

Patienten trainieren auf dem Bioswing-Posturomed.Koordinationstraining mit dem „Bioswing Posturomed“ . Das sensomotorisches Therapie-, Präventions- und Befunderhebungsgerät hat die Schmerztherapie optimiert.
Foto: Haider Bioswing

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