Rückenschmerzen: Viele Untersuchungen sind unnötig

Nur bei rund 15 Prozent der Patienten helfen bildgebende Verfahren bei der Diagnostik von Rückenschmerzen.

Foto: RFBSIP/AdobeStoci

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Den Deutschen schmerzt der Rücken: Laut Erhebungen der Krankenkasse DAK leiden rund drei Viertel aller Berufstätigen unter Rückenproblemen. Viele Betroffene suchen deshalb den Arzt auf – insgesamt jährlich über 38 Millionen Mal. In der Folge werden unzählige bildgebende Untersuchungen veranlasst. Die meisten davon sind allerdings laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung unnötig. Denn nur bei etwa 15 Prozent der Patienten kann die Ursache feststellt werden.

Etwa jeder fünfte gesetzlich Versicherte geht mindestens einmal im Jahr wegen Rückenschmerzen zum Arzt, 27 Prozent der Krankenversicherten sogar vier Mal oder öfter. Ein Großteil der daraus resultierenden Untersuchungen, wie Röntgen-, Computertomografie- und Magnetresonanztomographieaufnahmen, ist jedoch überflüssig. Denn laut Bertelsmann-Studie kann bei etwa 85 Prozent der Betroffenen keine Ursache gefunden werden, da die Beschwerden durch Fehlfunktionen und Verspannungen der Muskulatur bedingt sind.

Untersuchungen werden vorschnell durchgeführt

Rund 70 Prozent der Patienten haben allerdings die Erwartung, dass der Arzt die genaue Schmerzursache findet. Und die Ärzte rücken diese hohe Erwartung ihrer Patienten auch nicht zurecht. Im Gegenteil, sie führen entsprechende Untersuchungen durch, obwohl die ärztlichen Leitlinien empfehlen, bei Rückenschmerzen ohne Hinweis auf gefährliche Verläufe auf die Bildgebung zu verzichten. Zudem werden bildgebende Untersuchungen oft vorschnell angeordnet, manchmal sogar ohne vorherigen Behandlungsversuch.

Sowohl die Häufigkeit der Arztbesuche wegen Rückenbeschwerden als auch die Anzahl der ärztlichen Verordnungen ist regional sehr unterschiedlich. So gehen Versicherte in Berlin oder Bayern häufiger zum Arzt als in Schleswig-Holstein, Hamburg und Rheinland-Pfalz. Die Unterschiede variieren auch auf Kreisebene erheblich. Während es beispielsweise im brandenburgischen Kreis Ostprignitz-Ruppin von 2009 bis 2015 nur 306 Behandlungsfälle pro 1000 Versicherter gab, waren es im bayerischen Kreis Dingolfing-Landau 730. Auch bei der Anzahl der verordneten Untersuchungen gibt es große Unterschiede zwischen den Bundesländern.

Ärztliches Vergütungssystem schafft falsche Anreize

Doch warum ist das so? Die Bertelsmann-Studie sieht die Ursache vor allem im ärztlichen Vergütungssystem, das technikbasierte Untersuchungen besser vergütet als beispielsweise das Gespräch oder manuelle Untersuchungen des Körpers. Dass es auch anders geht, zeigen Beispiele aus dem Ausland. So erhalten beispielsweise in Teilen Kanadas bereits seit 2012 Ärzte keine Vergütung mehr, wenn nachgewiesen werden kann, dass eine Bildgebung entgegen der ärztlichen Leitlinien angeordnet wurde.

 

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